Liebe Athletinnen und Athleten, Trainerinnen und Trainer, liebe Sportbegeisterte,

die Corona-Pandemie verändert Euren Alltag. Viele von Euch sind bereits kreativ geworden und passen ihre Trainingsabläufe an die gegenwärtigen Umstände und Beschränkungen an. Je nach Sportart ist dann mehr oder weniger möglich. Gleichzeitig besteht zudem die potenziell psychisch belastende Kombination aus Informationsflut und der immer noch unklaren Frage „wie geht es weiter.“ Hinzu kommen für viele zusätzliche Belastungen wie fehlende Struktur, wegbrechende bzw. bereits unerreichbare sportliche und nicht sport­liche Ziele sowie teils widersprüchliche Meldungen zu Gefahren und Gesundheitsrisiken durch das Corona-Virus.

Vor diesem Hintergrund möchten der Servicebereich Sportpsychologie am Olympia­stütz­punkt Rheinland-Pfalz/Saarland einige generelle Empfehlungen zum Umgang mit der Corona Krise beschreiben:

  • Negative Gefühle und Sorgen? – Hinschauen statt verdrängen!
    Negative Emotionen wie Angst und ein sich Sorgen machen sind in dieser Zeit durch große Unsicherheit und Veränderungen nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil, es ist normal, diese Gefühle mehr als üblich zu erleben. Ein Verdrängen dieser Gefühle und Sorgen ist langfristig wenig hilfreich, sondern gleicht vielfach dem Versuch, einen Wasserball dauerhaft unter Wasser zu drücken (viel Anstrengung wenig Effekt). Deshalb gilt: Hinschauen statt wegschauen.Hinschauen bedeutet sich Zeit nehmen, wahrzunehmen und ausdrücken zu können, was ihr gerade fühlt. Manche Menschen schreiben ihre Gefühle gerne nieder oder werden kreativ (z.B. malen oder musizieren). Häufig hilft es schon, die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten – wie würde eine mir nahestehende Person damit umgehen? Was hat mir in der Vergangenheit bereits geholfen mit diesem Gefühl umgehen zu können? Wer könnte mich dabei unterstützen und welche persönliche Ressource könnte ich dazu einsetzen?
  • Stärken stärken!
    Stärken und Ressourcen sind Kraftquellen. In schwierigen Zeiten gilt: Erinnert Euch an positive Erfahrungen, alle Probleme die schon überwunden und gelöst wurden und an Eure Stärken und Talente. Aktiviert und nutzt diese – und habt dabei auch die Chancen im Blick, die diese Zeit bereit hält (neue Freiräume, Spielräume, Ruhe und Entschleunigung). So kann es beispielsweise sein, dass ihr ein längst vergessenes Hobby wieder entdeckt oder etwas ganz neues ausprobiert. Und vergesst nicht: Gut ist das neue Perfekt. An manchen Tagen wird es Euch besser gelingen, Eure Ressourcen zu nutzen, an anderen Tagen findet ihr vielleicht nur schwer Zugang. Auch das ist kein Grund zu Besorgnis, sondern ganz normal.
  • In Verbindung bleiben!
    Bleibt regelmäßig in Verbindung, auch wenn ihr Euch nicht von Angesicht zu Angesicht sehen könnt. Nutzt Telefon, Videochats, soziale Netzwerke & Co. und beherzigt die Regel: Besser kurze, aber dafür regelmäßige Kontakte.
  • Grenzen setzen und Refokussierung
    Haltet Euch bei Euren sozialen Kontakten von Panikmachern fern! Wenn ihr das Gefühl habt, dass bestimmte Kontakte immer wieder Corona bezogene Informationen wiederholen und dies Euch ein ungutes Gefühl gibt, setzt wertschätzend Grenzen. Verzichtet darauf, die nicht persönlichen, massenweise kursierenden SMS, E-Mails, Videos, WhatsApp-Nachrichten und Meldungen auf sozialen Medien zur Corona- Pandemie zu lesen. Viel nützlicher, da stärkender, ist eine Refokussierung auf positive, alternative Inhalte: Was hat Euch heute gefreut? Was waren die kleinen Freuden des Alltags? Notiert zum Tagesabschluss mindestens drei Dinge die positiv gelaufen sind.
  • Hirn an statt Hirn aus
    In jeder Krise hilft: Ruhe bewahren, einmal mehr durchzuatmen, um dadurch einen klaren Gedanken und eine klare Strategie zu verfolgen. Fakten und gesicherte Erkenntnisse helfen gegen Gefühle von Kontrollverlust und Hilflosigkeit, denn sie geben Orientierung und Sicherheit. Nachdenken und souveränes Agieren ist hilf­reicher als Aktionismus und energieraubendes Grübeln und sich Sorgen machen.
  • Arbeit an (sportlichen) Baustellen
    Corona Zeit schafft auch freie Zeit. Endlich kann an konditionellen Grundlagen oder an störenden Dysbalancen gearbeitet werden. Endlich gibt es Zeit für mentales Training und ein Ausprobieren von mentalen Trainingstechniken. Zum Beispiel Vorstellungstraining oder das Steuern von Gedanken und Gefühlen. Diese Zeit bietet sich, Chancen mit dem Kopf zu üben und neue Potentiale zu entdecken.
  • Kreativ werden!
    Corona fordert uns heraus. Challenge accepted! Im Netz finden sich viele Beispiele für besondere sportliche und nicht sportliche Herausforderungen. Warum nicht mal eine Beinpresse mit dem Nachwuchs oder ein kreatives Schwimmtraining im Planschbecken usw. Für Motivation und dranbleiben ist es sinnvoll andere herauszufordern. In diesem Sinne: Challenge accepted?
  • Struktur gibt Sicherheit
    Struktur hilft gegen Chaos und gibt Sicherheit. Gleichzeitig werden Vorhersehbarkeit und Selbstwirksamkeit unterstützt. Das bedeutet konkret: nicht im Pyjama bleiben, sondern wie immer aufstehen, sich anziehen, übliche Essens-, Schlafens-, Trainings- Arbeits- oder Lernzeiten einhalten. Setzt Euch realistische Ziele und plant Euren Tag. Aufgaben-Verwaltungs-Tools können hilfreich sein, insbesondere wenn man mehr auf sich allein gestellt ist. Erstellt nicht nur „to-do“-Listen, sondern auch „done“-Listen und erzählt  anderen von Eurer Zielerreichung. Und ganz wichtig: Plant ein Highlight pro Tag, auf das ihr euch freuen könnt!

Information – bewusst und gezielt

  • Ununterbrochener Medienkonsum zur Corona-Pandemie überfordert, da immer wieder ähnliche Bilder und Schilderungen wiederholt werden. Zudem sind auch einige Falschinformationen im Umlauf. Deshalb ist es wichtig, den Bezug zur Realität und zur Faktenlage nicht zu verlieren. Im Grunde reicht dafür ein tägliches Update aus einer verlässlichen Quelle aus, um angemessen auf dem Laufenden zu bleiben.

Wir hoffen, dass die beschriebenen Inhalte als hilfreich erlebt werden. Zusätzlich wollen wir darauf hinweisen, dass die OSP-Sportpsycholog*innen für Sportler*innen und Trainer*­innen für einen professionellen Austausch und für die sportpsychologische Arbeit in dieser Krise und darüber hinaus (z. B. an der Arbeit mentaler Fähigkeiten) über Videochat oder telefonisch zur Verfügung stehen.

Kommt weiter gut durch diese Zeit und bleibt gesund!